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Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.10.2020
III ZR 80/20 -

BGH: Schadensersatz­klausel für Abbruch einer Mutter-Kind-Kur unwirksam

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Klausel in den Allgemeinen Geschäfts­bedingungen einer Kurklinik, die einen Schadensersatz­anspruch für den Fall vorsieht, dass die Patientin einer Mutter-Kind-Kur vorzeitig abbricht, unwirksam ist.

Die Beklagte ist Mutter von vier minderjährigen Kindern. Ihre gesetzliche Krankenversicherung bewilligte eine dreiwöchige medizinische Vorsorgemaßnahme in Form einer Mutter-Kind-Kur. Die Beklagte erhielt ein Einladungsschreiben der von der Klägerin betriebenen Klinik, dem die Allgemeinen Geschäftsbedingungen beigefügt waren. Gestritten wurde um eine Klausel, die besagt, dass der Patient für jeden zu früh abgereisten Tag 80 % des Tagessatzes Schadensersatz zu zahlen habe. Die Beklagte trat die Kur zusammen mit ihren vier Kindern an, brach sie jedoch zehn Tage vor dem regulären Ende aus Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind, vorzeitig ab. Die Klägerin nahm die Beklagte daraufhin auf Schadensersatz in Höhe von 3.011,20 € in Anspruch.

BGH: Kur kann ohne besonderen Grund vorzeitig beendet werden

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die verlangte Zahlung. Die Beklagte konnte die Kur durch konkludente Kündigung gemäß § 627 Abs. 1 BGB auch ohne besonderen Grund vorzeitig beenden, so dass die Klägerin nach § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB nur Anspruch auf Vergütung der bis zum Abbruch erbrachten Leistungen hat. Ein Behandlungsvertrag sei als besonderes Dienstverhältnis zu qualifizieren. Dieses unterläge dem jederzeitigen Kündigungsrecht der Patientin, da die von der Klinik geschuldeten Leistungen im Sinne des § 627 Abs. 1 BGB Dienste höherer Art sind, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen.

Freies und sanktionsloses Kündigungsrecht bei Diensten höherer Art jederzeit möglich

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin seien unwirksam, weil sie gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung - dem "freien" und sanktionslosen Kündigungsrecht bei Diensten höherer Art, die auf besonderem Vertrauen beruhen - nicht zu vereinbaren ist. Überdies sei sie mit dem Grundgedanken des § 280 Abs. 1 BGB unvereinbar, nach dem vertragliche Schadensersatzansprüche eine zu vertretende Pflichtverletzung des Schuldners - hier der Patientin - voraussetzen. Eine Einschränkung auf diese Fälle sähe die Klausel aber nicht vor.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 12.10.2020
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/aw)

Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Strausberg, Urteil vom 16.04.2019
    [Aktenzeichen: 10 C 17/19]
  • Landgericht Frankfurt (Oder), Urteil vom 01.04.2020
    [Aktenzeichen: 16 S 249/19]
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