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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.02.2008
II ZB 9/07 -

BGH fällt Grundsatzentscheidung zur Haftung für Ad-hoc-Meldungen

Prozess wegen Schrempp-Rücktritt wird neu aufgerollt

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte erstmals in einem Rechtsbeschwerdeverfahren gegen den in einem Kapitalanleger-Musterverfahren ergangenen Musterentscheid eines Oberlandesgerichts zu befinden.

I.Der Musterkläger begehrt aus von seinem Vater abgetretenem Recht von der börsennotierten Musterbeklagten - die im hier maßgeblichen Zeitraum noch als "DaimlerChrysler AG" firmierte - Schadensersatz wegen angeblich verspäteter Ad-hoc-Mitteilung über das vorzeitige Ausscheiden ihres damaligen Vorstandsvorsitzenden Prof. Schrempp.

Der Aufsichtsrat der Musterbeklagten beschloss in seiner Sitzung vom 28. Juli 2005 gegen 9.50 Uhr, dass Prof. Schrempp zum 31. Dezember 2005 aus dem Amt des Vorstandsvorsitzenden ausscheide und Dr. Zetsche sein Amtsnachfolger werden solle. Hiervon informierte die Musterbeklagte die Geschäftsführungen der Börsen und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) um 10.02 Uhr. Um 10.32 Uhr wurde die Ad-hoc-Mitteilung in der Meldungsdatenbank der Deutschen Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität (DGAP) veröffentlicht, nachdem zuvor um 9.30 Uhr die Unternehmensergebnisse der Musterbeklagten für das zweite Quartal 2005 in gleicher Form mitgeteilt worden waren. Nach der Mitteilung der Quartalszahlen stieg der Kurs der Aktien der Musterbeklagten zunächst auf 38,70 €, nach der Meldung über das Ausscheiden Prof. Schrempps noch am selben Tag auf 40,40 € und in der Folgezeit auf 42,95 €. Der Vater des Musterklägers hatte an jenem 28. Juli 2005 um 9.00 Uhr 800 Aktien der Musterbeklagten zum niedrigeren Kurs von 36,50 € und bereits vorher am 16. Mai 2005 100 Aktien zu dem noch niedrigeren Kurs von 31,85 € verkauft.

Der Musterkläger behauptet, Prof. Schrempp habe bereits im Mai 2005 in einem Gespräch gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden Kopper erklärt, dass er sein Amt als Vorstandsvorsitzender vorzeitig, und zwar zum 31. Dezember 2005, "zur Verfügung stelle"; dies sei als einseitige Amtsniederlegung zu verstehen gewesen. Ein derartiges vorzeitiges Ausscheiden Prof. Schrempps habe auch schon im Mai 2005 zwischen diesem, Kopper und dessen Stellvertreter Klemm festgestanden. Ein wesentlicher Teil des Aufsichtsrats sei jedenfalls vor der Aufsichtsratssitzung vom 28. Juli 2005 informiert gewesen. Demgegenüber behauptet die Musterbeklagte, der Aufsichtsrat als Gesamtgremium habe vor dem 28. Juli 2005 keine Kenntnis von den Überlegungen des Vorstandsvorsitzenden über dessen einvernehmlich zu vereinbarendes vorzeitiges Ausscheiden gehabt.

Auf Vorlagebeschluss des Landgerichts hat das Oberlandesgericht durch Musterentscheid festgestellt, dass durch die Vorgänge im Zusammenhang mit dem vorzeitigen Ausscheiden Prof. Schrempps eine Insiderinformation im Sinne des § 37 b Abs. 1 WpHG erst aufgrund der Entscheidung des Aufsichtsrats am 28. Juli 2005 um ca. 9.50 Uhr entstanden ist und dass die Musterbeklagte diese unverzüglich veröffentlicht hat. Angesichts dessen hat das Oberlandesgericht über die ihm vom Landgericht vorgelegten zehn weiteren hilfsweise gestellten Feststellungsanträge keine Entscheidung mehr getroffen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Musterkläger mit der Rechtsbeschwerde.

II.Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch Beschluss vom 25. Februar 2008 den angefochtenen Musterentscheid wegen verfahrensfehlerhafter Feststellungen zu den umstrittenen Umständen des Ausscheidens Prof. Schrempps aus dem Vorstandsamt aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Senat des Oberlandesgerichts zurückverwiesen.

Das Oberlandesgericht hat den zentralen Streitpunkt der Äußerungen Prof. Schrempps gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden Kopper im Mai 2005 über die "Zurverfügungstellung seines Amtes" rechtsfehlerhaft als unstreitige einvernehmliche Ausscheidensregelung angesehen; denn der Musterkläger hat eine solche stets bestritten und unter Beweisantritt das Gegenteil behauptet. Mit dem Musterfeststellungsantrag verfolgte der Musterkläger im Rahmen des Feststellungsziels die gerichtliche Feststellung, dass das vorzeitige Ausscheiden Prof. Schrempps bereits im Mai 2005 feststand und daher als Insidertatsache zu veröffentlichen gewesen wäre. Schon dort behauptete er konkret, dass Prof. Schrempp im Mai 2005 definitiv die (einseitige) Niederlegung seines Amtes zum Jahresende jedenfalls gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden Kopper erklärt habe, mit der Folge der Beendigung seines Organverhältnisses. Diese zentrale Behauptung zur einseitigen Rücktrittserklärung Prof. Schrempps hat der Musterkläger zu keinem Zeitpunkt während des Musterverfahrens vor dem Oberlandesgericht fallengelassen. Die im Widerspruch dazu stehende, gleichwohl zur tragenden Grundlage des Musterentscheids gemachte Annahme des Oberlandesgerichts, der Musterkläger habe seine Behauptung des (einseitigen) Rücktritts mit dem - erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten, nicht nachgelassenen - Schriftsatz vom 1. Februar 2007 fallen gelassen, weil dort nur noch davon die Rede sei, Schrempp habe "sein Amt vorzeitig … zur Verfügung gestellt", ist rechtlich unhaltbar.

Angesichts des weiterhin streitigen Geschehensablaufs war die Erhebung der vom Musterkläger angebotenen Beweise prozessual geboten.

III.Aufgrund der durch den Bundesgerichtshof angeordneten Zurückverweisung wird nunmehr ein anderer Senat des Berufungsgerichts in der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung die bisher verfahrensfehlerhaft versäumte Beweiserhebung u.a. zu der streitigen Äußerung Prof. Schrempps gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden Kopper im Mai 2005 bezüglich der "Zur-Verfügung-Stellung seines Amtes" nachzuholen und alsdann erneut in der Sache zu entscheiden haben.

der Leitsatz

WpHG § 13 Abs. 1 Satz 3 (Fassung: 28. Oktober 2004);

ZPO §§ 138 Abs. 3, 139, 286

a) Veröffentlichungspflichtige Insiderinformationen i.S. von § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG können auch zukunftsbezogene Umstände, wie Pläne, Vorhaben und Absichten einer Person sein, wenn die Tatsachen, auf die sie sich beziehen, sich zwar noch nicht endgültig manifestiert haben, jedoch i.S. des § 13 Abs. 1 Satz 3 WpHG hinreichend präzise sind und ihre Verwirklichung hinreichend wahrscheinlich ist.

b) Das Tatbestandsmerkmal der hinreichenden Wahrscheinlichkeit i.S. des § 13 Abs. 1 Satz 3 WpHG ist jedenfalls dann erfüllt, wenn eine "überwiegende" Wahrscheinlichkeit - d.h. eine Eintrittswahrscheinlichkeit von über 50 % - besteht.

c) Der Tatrichter darf bisher streitige Tatsachen nur dann als zugestanden ansehen, wenn die betroffene Partei ihre Absicht, sie bestreiten zu wollen, unmissverständlich fallen gelassen hat. Im Zweifel hat das Gericht im Rahmen der ihm obliegenden Erörterungs- und Fragepflicht eine eindeutige Prozesserklärung der betroffenen Partei herbeizuführen.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 14.03.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 53/08 des BGH vom 14.03.2008

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