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Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.04.2009
I ZR 216/06 -

Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit "internetbasierter" Videorecorder

"Shift-TV" verstößt möglicherweise gegen Urheberrecht

Das Angebot "internetbasierter" Videorecorder kann die den Rundfunkunternehmen nach dem Urheberrechtsgesetz zustehenden Leistungsschutzrechte verletzen und ist in der Regel unzulässig. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Die Klägerin strahlt das Fernsehprogramm "RTL" aus. Die Beklagte bietet seit März 2005 auf ihrer Internetseite unter der Bezeichnung "Shift.TV" einen "internetbasierten Persönlichen Videorecorder" zur Aufzeichnung von Fernsehsendungen an. Sie empfängt über Satelliten-Antennen die Programme mehrerer Fernsehsender, darunter das Programm der Klägerin. Kunden der Beklagten können aus diesen Programmen Sendungen auswählen. Diese werden dann auf einem "Persönlichen Videorecorder" gespeichert. Dabei handelt es sich um einen Speicherplatz auf dem Server der Beklagten, der ausschließlich dem jeweiligen Kunden zugewiesen ist. Der Kunde kann die auf seinem "Persönlichen Videorecorder" aufgezeichneten Sendungen über das Internet von jedem Ort aus und zu jeder Zeit beliebig oft ansehen.

`RTL´ sieht sich durch `Shift.TV´ in Urheberrechten verletzt

Die Klägerin sieht in dem Angebot der Beklagten u. a. eine Verletzung des ihr als Sendeunternehmen nach § 87 Abs. 1 UrhG zustehenden Rechts, ihre Funksendungen weiterzusenden und auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung und - zur Vorbereitung einer Schadensersatzklage - auf Auskunft in Anspruch.

Vorinstanzen gaben `RTL´ Recht

Landgericht und Berufungsgericht haben der Klage weitgehend stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Da das Berufungsgericht bislang noch nicht festgestellt hat, ob die Beklagte oder – für den Fall, dass das Aufnahmeverfahren vollständig automatisiert ist – deren Kunden die Sendungen der Klägerin auf den "Persönlichen Videorecordern" aufzeichnen, konnte der BGH die urheberrechtliche Zulässigkeit der "Persönlichen Videorecorder" nicht abschließend beurteilen.

BGH legt die Rechtslage dar

Für beide Varianten hat der BGH die Rechtslage aber geprüft und damit wichtige Hinweise für die endgültige Entscheidung gegeben: Falls die Beklagte die Sendungen im Auftrag ihrer Kunden auf den "Persönlichen Videorecordern" abspeichert, verstößt sie – so der BGH – gegen das Recht der Klägerin, ihre Sendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen. Da sie ihre Leistung nicht unentgeltlich erbringe, könne sie sich in diesem Fall nicht auf das Recht ihrer Kunden stützen, Fernsehsendungen zum privaten Gebrauch aufzuzeichnen. Falls dagegen der Aufzeichnungsprozess vollständig automatisiert sei mit der Folge, dass der jeweilige Kunde als Hersteller der Aufzeichnung anzusehen sei, liege zwar im Regelfall eine vom Gesetz als zulässig angesehene Aufzeichnung zum privaten Gebrauch vor. Die Beklagte verletze dann aber das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen weiterzusenden, wenn sie die mit den Satelliten-Antennen empfangenen Sendungen der Klägerin an die "Persönlichen Videorecorder" mehrerer Kunden weiterleite. Denn in diesem Fall greife sie in das Recht der Klägerin ein, ihre Sendungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Berufungsgericht muss weitere Feststellungen treffen

Das Berufungsgericht wird nun Feststellungen dazu treffen müssen, wie der Aufzeichnungsprozess im Einzelnen abläuft, um dann entsprechend entscheiden zu können.

der Leitsatz

UrhG § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 2

a) Hersteller der Vervielfältigung einer Funksendung durch Aufnahme auf Bild- oder Tonträger (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG) ist allein derjenige, der die körperliche Festlegung der Funksendung technisch bewerkstelligt, selbst wenn er sich dabei technischer Hilfsmittel bedient, die Dritte zur Verfügung gestellt haben.

b) Eine Funksendung wird nicht öffentlich zugänglich gemacht (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2, § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19 a UrhG), wenn jeweils nur eine einzelne Aufnahme einer Sendung auf Bild- oder Tonträger jeweils nur einer einzelnen Person zugänglich gemacht wird, selbst wenn diese einzelnen Personen in ihrer Gesamtheit eine Öffentlichkeit bilden.

c) Eine Funksendung wird weitergesendet (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 20 UrhG), wenn der Sendende die Sendesignale sogleich an Empfänger weiterleitet, denen er eine Empfangsvorrichtung zur Verfügung

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 22.04.2009
Quelle: ra-online, BGH

Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Aachen, Urteil vom 12.05.2006
    [Aktenzeichen: 5 O 4391/05]
  • Amtsgericht Aachen, Urteil vom 28.11.2006
    [Aktenzeichen: 14 U 1071/06]
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