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Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.03.2014
AnwZ (Brfg) 58/12 -

Erwerb der Bezeichnung "Fachanwalt für Arbeitsrecht": Kein zwingender arbeitsrechtlicher Bezug bei Fällen aus dem Arbeitsförderungs- oder Sozial­versicherungs­recht

Voraussetzung ist Vorliegen einer relevanten und problematischen arbeitsrechtlichen Frage

Der Erwerb der Bezeichnung "Fachanwalt für Arbeitsrecht" setzt unter anderem das Vorliegen einer bestimmten Zahl von bearbeiteten Fällen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts voraus. Fälle aus dem Gebiet des Arbeitsförderungs- oder Sozial­versicherungs­recht können zwar genügen. Da sie aber nicht zwingend einen arbeitsrechtlichen Bezug aufweisen, müssen sie zumindest eine relevante und problematische Frage beinhalten, um einen arbeitsrechtlichen Bezug sicherzustellen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 2010 beantragte ein Rechtsanwalt, ihm die Führung des Titels "Fachanwalt für Arbeitsrecht" zu erlauben. Als Beleg für seine Kenntnisse und Fähigkeiten auf diesem Gebiet überreichte er unter anderem eine Liste mit 56 gerichtlichen bzw. rechtsförmlichen Verfahren. Nachdem der Rechtsanwaltskammer Bedenken aufkamen, ob die aufgelisteten Fälle zum Nachweis der besonderen praktischen Erfahrungen auf dem Gebiet des Arbeitsrecht genügen, reichte der Rechtsanwalt im März 2011 weitere sieben Verfahren ein. Dennoch wurde ihm die Bezeichnung mit der Begründung verwehrt, dass die vorgelegten Fälle zum Nachweis der besonderen praktischen Erfahrungen nicht ausgereicht haben. Viele Fälle haben auf dem Gebiet des Arbeitsförderungs- oder Sozialversicherungsrecht gelegen und keinen arbeitsrechtlichen Bezug aufgewiesen. Der Rechtsanwalt erhob daraufhin Klage. Der Anwaltsgerichtshof München schloss sich jedoch der Argumentation der Rechtsanwaltskammer an und bestätigte die Ablehnung. Dagegen richtete sich die Berufung des Rechtsanwalts.

Voraussetzungen eines Fachanwaltstitels sind 50 Arbeitsrechtsfälle

Der Bundesgerichtshof führte zunächst aus, dass zur Verleihung des Fachanwaltstitels für Arbeitsrecht der Rechtsanwalt unter anderem mindestens 50 gerichts- oder rechtsförmliche Verfahren aus diesem Gebiet vorweisen müsse (§ 5 Abs. 1 c) Fachanwaltsordnung - FAO). Diesen Anforderungen sei der Rechtsanwalt mit den zuerst vorgelegten 56 Fällen nicht nachgekommen. Denn eine große Anzahl der Fälle habe sich auf dem Gebiet des Arbeitsförderungs- oder Sozialversicherungsrecht befunden und keinen Bezug zum Arbeitsrecht aufgewiesen.

Fehlender arbeitsrechtlicher Bezug der Arbeitsförderungs- und Sozialversicherungsfälle

Fälle aus dem Gebiet des Arbeitsförderungs- und Sozialversicherungsrecht weisen nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht von sich aus einen arbeitsrechtlichen Bezug auf. Zwar müsse die arbeitsrechtliche Problematik nicht den wesentlichen Teil der Fallbearbeitung ausmachen oder den Mittelpunkt des Falls bilden. Es sei aber erforderlich, dass zumindest eine relevante und problematische arbeitsrechtliche Frage vorliegt. Es müsse daher vorgetragen werden, welche arbeitsrechtlichen Fragestellungen bei der Bearbeitung arbeitsförderungs- oder sozialversicherungsrechtlicher Fälle konkret eine Rolle gespielt haben.

Anspruch auf Fachanwaltstitel bestand

Der Rechtsanwalt habe aber dennoch einen Anspruch auf den begehrten Fachanwaltstitel gehabt, so der Bundesgerichtshof. Denn den erforderlichen Nachweis der praktischen Erfahrungen habe er durch die nachgereichten Fälle vorweisen können.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 01.07.2014
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Anwaltsgerichtshof München, Urteil vom 09.07.2012
    [Aktenzeichen: BayAGH I - 2/12 -]
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Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BRAK-Mitt 2014, 158Zeitschrift: BRAK-Mitteilungen (BRAK-Mitt), Jahrgang: 2014, Seite: 158
  • MDR 2014, 687Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2014, Seite: 687
  • NJW-RR 2014, 752Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2014, Seite: 752

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