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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.09.1999
4 StR 71/99 -

Kfz-Kennzeichen mit "Anti-Blitz-Spray" gegen Polizeiblitzer: Keine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB

Strafbarkeit gemäß § 22 StVG (Kennzeichenmissbrauch)

Wer sein Nummernschild mit einem reflektierenden Mittel versieht, so dass die Erkennbarkeit der Buchstaben und Ziffern bei Blitzlichtaufnahmen beeinträchtigt ist, macht sich wegen Kennzeichenmissbrauchs gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 3 StVG strafbar. Eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung ist in diesem Verhalten nicht zu sehen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Mann die Kennzeichenschilder seines auf ihn zugelassenen Pkw mit einer farblosen Flüssigkeit besprüht. Hierdurch trat bei Blitzlicht-Fotoaufnahmen eine so starke Reflexion auf, dass die schwarzen Buchstaben und Zahlen "überblendet" wurden und auf dem Lichtbild ohne lichtbildtechnische Nachbearbeitung nicht erkennbar waren. Er wollte damit bei etwaigen Geschwindigkeitskontrollen die Ermittlung seiner Personalien anhand der Kennzeichnung des Fahrzeugs unmöglich machen. Anlässlich einer Verkehrskontrolle wurden die mit dem Spray behandelten amtlichen Kennzeichen entdeckt.

Rechtsfrage des Bayerischen Obersten Landgerichts

Das Bayerische Oberste Landgericht legte dem Bundesgerichtshof diesen Sachverhalt mit der Rechtsfrage vor, ob der Mann sich wegen einer Urkundenfälschung (§ 267 StGB) strafbar gemacht habe.

Der Bundesgerichtshof verneinte in seiner Entscheidung eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung.

Kraftfahrzeugkennzeichen ist eine Urkunde

Er stellte zunächst fest, dass ein Autokennzeichen eine Urkunde sei. Bei dem mit einer Stempelplakette der Zulassungsstelle versehenen, an dem Kraftfahrzeug, für das es zugeteilt sei, angebrachten Kraftfahrzeugkennzeichen handele es sich um eine so genannte zusammengesetzte Urkunde im Sinne des § 267 Abs. 1 StGB, führte der BGH aus. Das Kennzeichen verkörpere die Erklärung der Zulassungsstelle als Ausstellerin, dass das Fahrzeug unter diesem Kennzeichen für einen bestimmten, im Fahrzeugregister eingetragenen Halter zum öffentlichen Verkehr zugelassen worden sei.

Verfälschen einer echten Urkunde

Der BGH prüfte sodann, ob das Verhalten des Mannes die Tatbestandsalternative "Verfälschen einer echten Urkunde" gemäß § 267 Abs. 1 2. Alt. StGB erfüllte.

Eine echte Urkunde werde verfälscht, wenn unbefugt nachträtlich ihr Gedankeninhalt verändert werde, so dass sie etwas anderes als zuvor zum Ausdruck bringe, führte der BGH aus. Er stellte fest, dass der Mann durch das Besprühen des Kennzeichens mit farblosen Speziallack den Erklärungsinhalt der der Urkunde (Kennzeichen) nicht verändert habe. Der Erklärungsinhalt sei gleich geblieben.

Lediglich die Ablesbarkeit des Kennzeichens sei unter bestimmten Voraussetzungen (Blitzlichtaufnahme) beeinträchtigt. Darin liege kein Verfälschen einer Urkunde.

Die Entscheidung ist aus dem Jahr 1999 und erscheint im Rahmen der Reihe "Gut zu wissen".

Auszug aus dem Gesetz:

§ 22 StVG. Kennzeichenmissbrauch

(1) Wer in rechtswidriger Absicht ...

3. das an einem Kraftfahrzeug oder einem Kraftfahrzeuganhänger angebrachte amtliche Kennzeichen verändert, beseitigt, verdeckt oder sonst in seiner Erkennbarkeit beeinträchtigt,

wird, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 267 StGB. Urkundenfälschung

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. ...

der Leitsatz

Keine Urkundenfälschung liegt vor, wenn das amtliche Kennzeichen eines Kraftfahrzeugs mit einem reflektierenden Mittel versehen wird, so daß die Erkennbarkeit der Buchstaben und Ziffern bei Blitzlichtaufnahmen beeinträchtigt ist.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 03.11.2010
Quelle: ra-online (pt)

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