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Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.10.2008
III R 92/07 -

Kürzung des Kindergeldes im Wohnland Deutschland um die im Beschäftigungsland Schweiz vorgesehenen, aber nicht beantragten Kinderzulagen?

Bundesfinanzhof ruft Europäischen Gerichtshof an

Der Bundesfinanzhof hat den Europäischen Gerichtshof zur Klärung gemeinschaftsrechtlicher Fragen angerufen, welche die Konkurrenz von Ansprüchen auf Kindergeld im Beschäftigungsland des Vaters und im Wohnland der Mutter betreffen.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) lebte mit zwei ihrer Kinder in Deutschland. Der Vater der Kinder, von dem die Klägerin geschieden ist, arbeitete in der Schweiz. Die ihm nach Schweizer Recht zustehenden Familienleistungen von 109,75 € je Kind beantragte er nicht.

"Differenzkindergeld" - Schweizer Kindergeldanspruch ist vorrangig

Aufgrund eines Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz richtet sich seit 1. Juni 2002 die Konkurrenz von Kindergeldansprüchen nach Gemeinschaftsrecht. Danach ist der Anspruch auf Kinderzulage im Beschäftigungsland Schweiz vorrangig vor dem Anspruch auf Kindergeld im Wohnland Deutschland. Kindergeld wird in Deutschland nur gewährt, soweit es höher ist als die in der Schweiz geschuldete Kinderzulage (sog. Differenzkindergeld).

Deutsche Familienkasse zahlte nur Teilbetrag des Kindergeldes

Die Familienkasse setzte gegenüber der Klägerin Kindergeld nur in Höhe eines Teilbetrages von 44,25 € je Kind fest, soweit das deutsche Kindergeld von 154 € die in der Schweiz dem Vater zustehende Kinderzulage überstieg. Die Klägerin ist dagegen der Auffassung, ihr sei das deutsche Kindergeld in voller Höhe zu gewähren, weil der Vater der Kinder, um ihr zu schaden, die Kinderzulagen in der Schweiz nicht beantragt habe.

Minderung nur, wenn in der Schweiz tatsächlich Kindergeld gezahlt wird?

Der Europäische Gerichtshof wird zu entscheiden haben, ob das Kindergeld im Wohnland Deutschland nur zu mindern ist, wenn die Kinderzulagen im Beschäftigungsland Schweiz tatsächlich gezahlt werden oder ob es im Ermessen der Familienkasse steht, das Kindergeld auch dann zu kürzen, wenn der in der Schweiz bestehende Anspruch auf Kinderzulagen gar nicht in Anspruch genommen wird. Für den Fall, dass die Kürzung bei Nichtinanspruchnahme im Ermessen der Familienkasse steht, hat der EuGH weiter zu klären, ob das Ermessen eingeschränkt sein kann, wenn der Anspruchsberechtigte im Beschäftigungsland die ihm zustehenden Familienleistungen bewusst nicht beantragt, um der Kindergeldberechtigten im Wohnland zu schaden.

der Leitsatz

Dem EuGH werden folgende Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die Regelung in Art. 76 Abs. 2 VO Nr. 1408/71 entsprechend auf Art. 10 Buchst. a VO Nr. 574/72 anzuwenden in Fällen, in denen der anspruchsberechtigte Elternteil die ihm im Beschäftigungsland zustehenden Familienleistungen nicht beantragt?

2. Für den Fall, dass Art. 76 Abs. 2 VO Nr. 1408/71 entsprechend anwendbar ist: Aufgrund welcher Ermessenserwägungen kann der für Familienleistungen zuständige Träger des Wohnlandes Art. 10 Buchst. a VO Nr. 574/72 anwenden, als ob Leistungen im Beschäftigungsland gewährt würden? Kann das Ermessen, den Erhalt von Familienleistungen im Beschäftigungsland zu unterstellen, eingeschränkt sein, wenn der Anspruchsberechtigte im Beschäftigungsland die ihm zustehenden Familienleistungen bewusst nicht beantragt, um der Kindergeldberechtigten im Wohnland zu schaden?

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 26.01.2009
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 07/09 des BFH vom 21.01.2009

Vorinstanz:
  • Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 02.02.2007
    [Aktenzeichen: 11 K 227/06]
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