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Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.12.2009
II R 29/08 -

BFH: Bei Ausführung von Hoheitsaufgaben durch private Entsorgungsträger besteht Grundsteuerpflicht

Stadt kann Tätigkeit der GmbH nicht als eigene Aufgabenwahrnehmung zugerechnet werden

Grundbesitz ist nicht von der Grundsteuer befreit, wenn die öffentliche Hand das Grundstück einem privaten Unternehmer zur Durchführung hoheitlicher Aufgaben überlässt. Dies entschied der Bundesfinanzhof.

Im vom Bundesfinanzhof zu entscheidenden Fall hatte eine Stadt die Abwasserbeseitigung auf eine GmbH übertragen (so genannte funktionelle Privatisierung) und dieser ein Grundstück, auf dem sich Gebäude und Anlagen zur Abwasserbeseitigung befanden, überlassen. Die GmbH (als Schuldnerin der Grundsteuer gemäß § 10 Abs. 2 GrStG) beanspruchte die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Grundsteuergesetzes (GrStG), weil der Stadt die Abwasserbeseitigung nach wie vor gesetzlich als Pflichtaufgabe zugewiesen sei und diese das Grundstück der GmbH in Ausübung dieser hoheitlichen Aufgabe überlassen habe.

Öffentliche Hand nur dann von "Grundsteuer" entlastet, wenn sie Grundstück selbst nutzt

Dem ist der Bundesfinanzhof nicht gefolgt. Nach seiner Auffassung fehlt es nach der funktionellen Privatisierung der Abwasserbeseitigung an der von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrStG vorausgesetzten Identität von Grundstückseigentümer und ummittelbar Nutzendem. Eigentümerin des Grundstücks ist die Stadt, während das Grundstück von der GmbH und damit von einem anderen Rechtsträger unmittelbar zur Abwasserbeseitigung genutzt wird. Der Stadt ist die Tätigkeit der GmbH auch nicht als eigene Aufgabenwahrnehmung zuzurechnen. Diese Auslegung ist verfassungsgemäß, weil die öffentliche Hand nur dann mit der erforderlichen Sicherheit vom Faktor "Grundsteuer" entlastet wird, wenn sie das Grundstück selbst für die hoheitliche Aufgabe nutzt; der Zusammenhang zwischen Aufgabe und Grundsteuerlast ist aber geschwächt, wenn die öffentliche Hand die hoheitliche Aufgabe und insoweit die Kostenverantwortung auf Private überträgt.

Überlässt Privater sein Grundstück der öffentlichen Hand, kann Steuerbefreiung gewährt werden

Die Entscheidung hat Bedeutung für alle Sachverhalte, bei denen die öffentliche Hand Private mit der Durchführung von Hoheitsaufgaben beauftragt und diesen hierfür Grundstücke zur Verfügung stellt. Für den umgekehrten Fall, dass ein Privater sein Grundstück im Rahmen einer Öffentlich Privaten Partnerschaft der öffentlichen Hand für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch überlässt und die Übertragung auf den Nutzer am Ende des Vertragszeitraums vereinbart ist, weicht der Gesetzgeber in § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG vom Identitätserfordernis ab und gewährt auf diese Weise die Steuerbefreiung.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 22.04.2010
Quelle: ra-online, BFH

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