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Bundesfinanzhof, Beschluss vom 31.01.2013
GrS 1/10 -

Bundesfinanzhof gibt Rechtsprechung zum subjektiven Fehlerbegriff hinsichtlich bilanzieller Rechtsfragen auf

Finanzverwaltung und Gerichte sind verpflichtet, Entscheidungen eine objektiv richtige Rechtslage zugrunde zu legen

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs hat auf Vorlage des I. Senats des Bundesgerichtshofs vom 7. April 2011 entschieden, dass das Finanzamt abweichend von der bisherigen Rechtsprechung im Rahmen der ertragsteuerrechtlichen Gewinnermittlung auch dann nicht an die rechtliche Beurteilung gebunden ist, die der vom Steuerpflichtigen aufgestellten Bilanz (und deren einzelnen Ansätzen) zugrunde liegt, wenn diese Beurteilung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vertretbar war. Das gilt auch für eine in diesem Zeitpunkt von Verwaltung und Rechtsprechung praktizierte, später aber geänderte Rechtsauffassung.

Im zugrunde liegenden Ausgangsverfahren war streitig, wie die verbilligte Handy-Abgabe bilanzsteuerrechtlich zu beurteilen ist.

Für Beurteilung von Rechtsfragen galt nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs subjektiver Maßstab

Für die Beurteilung, ob eine beim Finanzamt eingereichte Bilanz "fehlerhaft" in dem Sinne ist, dass das Finanzamt sich von den Bilanzansätzen des Steuerpflichtigen lösen kann, galt nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch hinsichtlich der Beurteilung von Rechtsfragen ein subjektiver Maßstab. War die einer Bilanz oder einem Bilanzansatz zugrunde liegende rechtliche Beurteilung im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns vertretbar, war das Finanzamt daran bei der Steuerfestsetzung auch dann gebunden, wenn diese Beurteilung objektiv fehlerhaft war.

Bindung des Finanzamts an objektiv unzutreffende rechtliche Beurteilung nicht mehr zulässig

Diese Rechtsprechung hat der Große Senat des Bundesfinanzhofs nunmehr aufgegeben. Eine Bindung des Finanzamts an eine objektiv unzutreffende, aber im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns vertretbare rechtliche Beurteilung, die der vom Steuerpflichtigen aufgestellten Handels- oder Steuerbilanz oder deren einzelnen Ansätzen zugrunde liegt, lasse sich weder aus § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG noch aus § 4 Abs. 2 EStG ableiten. Die Finanzverwaltung und die Gerichte seien insbesondere aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet, ihrer Entscheidung die objektiv richtige Rechtslage zugrunde zu legen. Dies gelte unabhängig davon, ob sich die unzutreffende Rechtsansicht des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten oder zu seinen Lasten ausgewirkt habe. Eine Übergangsregelung sei nicht zu treffen.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 27.03.2013
Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online

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