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Betreiber von Pflegeeinrichtungen iSd. vormaligen § 20 a Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG aF) durften in der Zeit vom 16. März 2022 bis zum 31. Dezember 2022 nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpfte Mitarbeiter ohne Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit freistellen. Zur Abmahnung dieser Arbeitnehmer waren die Arbeitgeber dagegen nicht berechtigt.
Der Beklagte betreibt ein Altenpflegeheim. Die Klägerin ist bei ihm seit 2007 als Altenpflegerin beschäftigt. Sie ließ sich nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 impfen und legte dem Beklagten entgegen der gesetzlichen Vorgabe weder einen
Auf die Revision des Beklagten hat das BAG die Klage auf Vergütung abgewiesen, hinsichtlich der Abmahnung jedoch die Entscheidung des LG im Ergebnis bestätigt. Die Klägerin hat für die Zeit ihrer Freistellung im März 2022 keinen Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs, weil sie entgegen der Anordnung des Beklagten diesem keinen Immunitätsnachweis vorgelegt hat und damit außerstande war, die geschuldete Arbeitsleistung zu bewirken. Nach § 20 a IfSG aF, der der verfassungsrechtlichen Überprüfung durch das BVerfG standhielt war nicht nur das Gesundheitsamt berechtigt, einer Person, die den Immunitätsnachweis nicht vorgelegt hatte, zu untersagen, die jeweilige Einrichtung zu betreten und dort tätig zu werden. Der aus der Gesetzesbegründung herzuleitende Zweck der Regelung, insbesondere vulnerable Bewohner von Pflegeeinrichtungen und Patienten von Krankenhäusern vor einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 zu schützen und zugleich die Funktionsfähigkeit der Einrichtungen aufrechtzuerhalten, eröffnete ebenso den Arbeitgebern als Betreibern dieser Einrichtungen die rechtliche Möglichkeit, im Wege des Weisungsrechts die Vorgaben des IfSG umzusetzen und die Vorlage eines Immunitätsnachweises für den begrenzten Zeitraum vom 16. März bis zum 31. Dezember 2022 zur Tätigkeitsvoraussetzung zu machen. Da die Gesundheitsämter in jener Zeit völlig überlastet waren, war anders eine sachgerechte und zeitnahe Umsetzung dieser Schutzmaßnahme, die die Interessen der besonders gefährdeten Personengruppen und die Funktionsfähigkeit der einzelnen Einrichtung berücksichtigte, nicht möglich. Soweit die Klägerin im Streitzeitraum auch arbeitsunfähig krank war, scheitert ein Anspruch auf
Erfolglos blieb dagegen die Revision des Beklagten hinsichtlich seiner Verurteilung, die der Klägerin erteilte Abmahnung aus deren Personalakte zu entfernen. Eine Abmahnung soll den Arbeitnehmer grundsätzlich auf eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten aufmerksam machen, ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auffordern und ihm mögliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung aufzeigen. In der unterlassenen Vorlage eines Immunitätsnachweises liegt danach keine abmahnfähige Pflichtverletzung. Das in Art. 2 Abs. 1 GG wurzelnde Selbstbestimmungsrecht der im Pflegebereich Tätigen, in freier Entscheidung eine Impfung gegen das Coronavirus abzulehnen, sowie deren Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit hatten Arbeitgeber als höchstpersönliche Entscheidung der Arbeitnehmer zu respektieren. Wegen des vom Beklagten zu achtenden besonderen Charakters dieser grundrechtlich geschützten Entscheidung der Klägerin erweist sich die Abmahnung als ungeeignetes Mittel zur Verhaltenssteuerung. Aufgrund der mit ihr verbundenen Gefährdung des Bestands des Arbeitsverhältnisses ist sie - anders als der vorübergehende Verlust der Entgeltansprüche für die befristete Dauer der Freistellung - eine unangemessene Druckausübung und damit unverhältnismäßig.
Nach einem weiteren Urteil zu einer Alltagsbegleiterin eines Seniorenwohnheims in Nordrhein-Westfalen führt eine solche Freistellung auch zu einem geringeren Urlaubsanspruch. Die Arbeitgeber dürften die arbeitsfreie Zeit anteilig bei der Berechnung des Jahresurlaubs berücksichtigen, urteilte das BAG.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 20.06.2024
Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)
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Dokument-Nr. 34103
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