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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.12.2006
2 AZR 182/06 -

Präventions­verfahren für schwerbehinderte Beschäftigte nicht zwingend notwendig

Kündigung aufgrund schwerer Pflichtverletzung wirksam

Auch die Kündigung eines Schwerbehinderten, der ohne so genanntes Präventions­verfahren gekündigt worden ist, kann wirksam sein. Das hat das Bundes­arbeits­gericht entschieden. Steht die Pflichtverletzung in keinem Zusammenhang mit der Behinderung und verspricht das Verfahren von vornherein keinen Erfolg, so braucht es nicht durchgeführt zu werden.

Im dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war dem mit einem Grad von 70 schwerbehinderten Kläger ordentlich gekündigt worden, weil er sich an mehreren Tagen hintereinander jeweils ca. 2 Stunden vor Ende der bezahlten Arbeitszeit von der Arbeitsstelle entfernt hatte. Der Kläger berief sich ua. darauf, die Kündigung sei unwirksam, weil die Beklagte das in § 84 Abs. 1 SGB IX vorgeschriebene Präventionsverfahren versäumt habe. Die Klage blieb - wie schon vor dem Landesarbeitsgericht - auch vor dem Bundesarbeitsgericht erfolglos. Das Präventionsverfahren musste hier angesichts der Schwere der vom Landesarbeitsgericht festgestellten Pflichtverletzungen nicht durchgeführt werden.

Präventionsverfahren keine Wirksamkeitsvoraussetzung für Kündigung

Nach § 84 Abs. 1 SGB IX sei der Arbeitgeber bei Eintreten von Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis mit einem Schwerbehinderten gehalten, so das Bundesarbeitsgericht, ein im Gesetz näher ausgestaltetes Präventionsverfahren durchführen. Kündigt der Arbeitgeber einem schwerbehinderten Arbeitnehmer, ohne zuvor dieses Präventionsverfahren durchlaufen zu haben, so führe dies für sich genommen aber nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die Einhaltung des Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX sei keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für Kündigungen gegenüber Schwerbehinderten.

Kein Präventionsverfahren bei fehlendem Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schwerbehinderung

Steht die Pflichtverletzung in keinem Zusammenhang mit der Behinderung und verspricht das Verfahren von vornherein keinen Erfolg, so brauche es nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht durchgeführt zu werden. Könne dagegen das Präventionsverfahren im Arbeitsverhältnis des Schwerbehinderten auftretende Schwierigkeiten beseitigen, so könne die Unterlassung des Verfahrens zu Lasten des Arbeitgebers bei der Bewertung des Kündigungsgrundes Berücksichtigung finden.

der Leitsatz

Die Durchführung des Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX ist keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer Kündigung gegenüber einem schwerbehinderten Menschen. Die Vorschrift stellt eine Konkretisierung des dem gesamten Kündigungsschutzrecht innewohnenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 07.12.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 78/06 des BAG vom 07.12.2006

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