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Amtsgericht München, Urteil vom 19.10.2006
473 C 18682/06 -

Venezianischer Spiegel: Mieter durch Spiegel ausspioniert - Anspruch auf 100 prozentige Mietminderung und sofortige Kündigung

Vermieter hat Intimsphäre und Persönlichkeitsrecht des Mieters stark gestört

Die Verletzung der Intimsphäre und des Persönlichkeitsrechts des Mieters berechtigen diesen zu einer 100-prozentigen Mietminderung und einer außerordentlichen Kündigung. Dies hat das Amtsgericht München entschieden.

Im Oktober 2005 mietete der Kläger von der Beklagten ein Zimmer in einer ihrer Wohnungen. Die übrigen zwei Zimmer wurden an zwei weitere Mitbewohner vermietet. Bad und Küche teilten sich die drei Mieter. Der monatliche Mietzins betrug 213 Euro, die der Kläger auch für die Monate November 2005 bis Januar 2006 bezahlte. Ende Januar 2006 bemerkte ein Mitbewohner des Klägers seltsame Verfärbungen am Spiegel im Badezimmer der Wohnung. Bei genauerem Hinsehen stellte er fest, dass der Spiegel offenbar durchsichtig war. Darauf hin verständigte er die Polizei. Bei der näheren Ãœberprüfung wurde festgestellt, dass es sich um einen venezianischen Spiegel handelte, der es ermöglichte, von einem für die Mitbewohner unzugänglichen Raum aus das Geschehen im Gemeinschaftsbad unbemerkt zu beobachten. Der Spiegel war fest mit der Mauer verbunden. Hinter dem Spiegel konnte ein kleiner Mauerdurchbruch festgestellt werden. In dem hinter dem venezianischen Spiegel befindlichen Abstellraum wurden bei der polizeilichen Durchsuchung diverse Hefte pornografischen Inhalts gefunden. Weiterhin befanden sich in diesem Raum Videokassetten mit pornografischen Inhalt. Ein an der Wand angebrachter Kalender zeigte den Januar 2006.

Nachdem der Kläger von dem Vorhandensein des Spiegels Kenntnis hatte, kündigte er das Mietverhältnis fristlos und verlangte auch den gezahlten Mietzins zurück, da er der Meinung war, dass durch das Vorhandensein des venezianischen Spiegels der Mietzins auf Null zu mindern war.

Die Beklagte wollte die fristlose Kündigung nicht gelten lassen, gab allerdings zu, dass sie von der Existenz des Spiegels wusste. Sie war allerdings der Meinung, es sei ja nur das Bad in seinem Wohnwert beeinträchtigt gewesen, nicht der Rest der Wohnung. Deshalb könne man auch nicht um 100 Prozent mindern.

Das Amtsgericht München gab dem Kläger Recht:

Ein Mietverhältnis könne aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liege vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden könne. Der zuständige Richter war der Ansicht, genau dies liege hier vor. Durch die Anbringung eines venezianischen Spiegels im Bad sei die Intimsphäre und das Persönlichkeitsrecht des Klägers massiv gestört worden. Durch die Schaffung einer Beobachtungsmöglichkeit war es dem Kläger nicht mehr zuzumuten, das Bad zu benutzen, da er jederzeit damit rechnen musste, dass er heimlich beobachtet wird. Zu dem sei das zwischen den Parteien bestehende Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört. Die Beklagte habe bei Vertragsschluss arglistig verschwiegen, dass sich im Bad ein venezianischer Spiegel befinde. Dies rechtfertige bereits eine außerordentliche Kündigung. Auf Grund der nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses sei auch eine Abmahnung nicht notwendig gewesen.

Auch der gezahlte Mietzins sei zurück zu zahlen, da von einer hundertprozentigen Mietminderung auszugehen sei. Durch den Einbau des Spiegels sei eine massive Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Mieters begangen worden. Das in der Wohnung befindliche Bad sei nicht nutzbar und damit wertlos gewesen. Dies schlage auf die gesamte Wohnung durch, da die Wohnung ohne benutzbares Bad für den Kläger wertlos sei. Die Minderung sei auch ungeachtet der Kenntnis oder Unkenntnis des Klägers von dem Spiegel vorzunehmen, da es nicht darauf ankomme, ob dem Mieter der Mangel der Mietsache bekannt ist.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 16.08.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des AG München vom 13.08.2007

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