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Amtsgericht Hamburg-Harburg, Urteil vom 16.02.2007
645 C 250/06 -

Verkehrsunfall: Sachverständigengutachten kann auch bei Bagatellschaden notwendig sein

Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung ist für die Erforderlichkeit von Sachverständigengutachten maßgeblich

Auch bei einem so genannten Bagatellschaden kann die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich sein. Dies entschied das Amtsgericht Hamburg-Harburg und verurteilte eine Haftpflichtversicherung zur Übernahme der entstandenen Sachverständigenkosten.

Im zugrunde liegenden Fall war bei einem Verkehrsunfall ein Schaden in Höhe von 473,04 Euro entstanden. Die Kosten für das Sachverständigengutachten beliefen sich auf 254,82 Euro. Die Haftpflichtversicherung wollte die Kosten für das Sachverständigengutachten nicht übernehmen, da es sich um einen so genannten Bagatellschaden handeln würde und das Sachverständigengutachten daher nicht erforderlich gewesen sei.

Sachverständigenkosten gehören zum Schadenersatz

Das Amtsgericht Hamburg-Harburg verurteilte die Versicherung gleichwohl zur Erstattung der Kosten für das Sachverständigengutachten. Gemäß § 249 Abs. 2 BGB habe der Schädiger, soweit wegen Beschädigung einer Sache Schadenersatz zu leisten sei, den zur Herstellung der Sache erforderlichen Geldbetrag zu erstatten, führte das Amtsgericht aus. Das heiße, dass der Schädiger die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halte durfte, übernehmen müsse.

Kosten für ein Sachverständigengutachten sind bei Erforderlichkeit eines Gutachtens zu übernehmen

Dazu zählten auch die Kosten für ein Sachverständigengutachten soweit dieses wegen der erforderlichen Ermittlung von Art und Ausmaß des Schadens im Zuge der Beseitigung des Schadens zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich war.

Grundsätzlich kein Sachverständigengutachten im Bagatellbereich, es sei denn ...

Grundsätzlich sei der Geschädigte im Bagatellbereich nicht berechtigt einen Gutachter hinzuzuziehen, sondern es könnten nur die Kosten eines Reparaturkostenvoranschlags ersetzt werden, führte das Gericht aus (vgl. BGH NJW 2005, 356). Angenommen werde in Westdeutschland eine "Bagatellgrenze" von 750 Euro.

... der Geschädigte durfte Einschaltung eines Sachverständigen für geboten halten

Allerdings sei die Höhe des Schadens weder das einzige noch ein abschließendes Kriterium der Annahme eines Schadens im Bagatellbereich. Denn für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer Begutachtung durch einen Sachverständigen sei auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen. Es komme also darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte. Insofern spielten Erkennbarkeit und Berechenbarkeit des Schadens für einen Laien ebenfalls eine Rolle.

Bagatellschaden liegt nur vor, wenn der Laie dies erkennen konnte

Ein Bagatellschaden sei demnach nur gegeben, wenn der Geschädigte - also regelmäßig der Laie - keinen vernünftigen Zweifel haben kann, dass die Bagatellgrenze nicht überschritten werde und der Schaden auch ohne Sachverständigen gutachten festgestellt und reguliert werden könne.

Vor diesem Hintergrund habe sich vorliegend aus der Notwendigkeit der Abgrenzung der Vorschäden die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen ergeben, führte das Amtsgericht aus.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 23.05.2011
Quelle: ra-online, Amtsgericht Hamburg-Harburg (vt/pt)

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