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Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 08.12.2010
31 C 1869/10-17 -

Vollkasko-Versicherung: Kein Versicherungsschutz bei relativer Fahruntüchtigkeit

Vollkasko-Versicherung ist bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer leistungsfrei

Die relative Fahruntüchtigkeit ist keine mildere Form gegenüber der absoluten Fahruntüchtigkeit. Wer unter dem Einfluss von Antidepressiva im Laufe eines Abends drei bis vier Gläser Rotwein konsumiert, ist nicht mehr zum Führen eines Fahrzeugs in der Lage. Wenn sich der Betroffene dennoch ans Steuer seines Autos setzt, handelt er grob fahrlässig und kann bei einem Unfall die entstandenen Schäden nicht von der eigenen Kasko-Versicherung ersetzt verlangen. Dies entschied das Amtsgericht Frankfurt am Main.

Das Gericht wies die Klage eines Autofahrers gegen seine Kasko-Versicherung ab, der unter Alkohol- und Medikamenteneinfluss Auto gefahren war und dabei seinen Wagen beschädigt hatte. Er war während der Fahrt mit seinem Smart an einen Bordstein geraten. Dabei entstand ein Schaden von 4.261,66 €. Der Kläger fuhr zunächst weiter, wobei das Fahrzeug mit einem Vorderrad nur noch auf der Felge fuhr. Er wurde von einer Polizeistreife angehalten, die eine Blutpobe entnehmen ließ. Dabei wurde eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,96 Promille ermittelt.

BAK konnte nicht beweissicher ermittelt werden - wohl aber die relative Fahruntüchtigkeit aufgrund der Polizeiaussagen

Allerdings enthielt die entnommene Blutprobe zu geringe Blutreste, als dass eine vollständige Blutalkoholbestimmung hätte durchgeführt werden können. Das Amtsgericht Frankfurt am Main verurteilte den späteren Kläger wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe. Das Gericht ging dabei davon aus, dass zwar eine genaue Blutalkoholbestimmung nicht möglich gewesen sei. Der Kläger sei jedoch auf Grund der eingenommenen Antidepressiva in Verbindung mit dem genossenen Alkohol fahruntüchtig gewesen. Das Vorliegen relativer Fahruntüchtigkeit leitete das Gericht aus verschiedenen seitens der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten geschilderten Auffälligkeiten ab.

Leistungsbefreiung der Kaskoversicherung wegen grober Fahrlässigkeit

In dem späteren Klageverfahren verweigerte die Kaskoversicherung des Klägers die Regulierung des geltend gemachten Schadens mit dem Argument, sie sei von ihrer Verpflichtung zur Leistung befreit, da der Kläger den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe. Dieser Auffassung schloss sich das Gericht an. Es führte aus, dass derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletze und unbeachtet lasse, grob fahrlässig handele.

Kläger war zur Beherrschung des Fahrzeugs nicht mehr in der Lage.

Bei einer BAK von unter 1,1 Promille könne eine unfallursächliche Fahruntüchtigkeit nur dann angenommen werden, wenn feststehe, dass der Fahrer aufgrund seiner Alkoholisierung Fahrfehler begangen habe und nicht mehr zur Beherrschung des Fahrzeugs in der Lage war. Dies sei hier der Fall. Der Kläger sei relativ fahruntüchtig gewesen und der Unfall auf diesen Umstand zurückzuführen. Er habe zum Unfallzeitpunkt unter Alkohol- und Medikamenteneinfluss gestanden.

Grundlose Kollision mit Bordstein lässt auf alkoholtypische Ausfallerscheinung schließen

Zwar konnte die BAK im Nachhinein nicht mehr zweifelsfrei festgestellt werden, so dass ihm der Vorwurf absoluter Fahruntüchtigkeit nicht gemacht werden konnte. Der Kläger habe jedoch alkoholtypische Ausfallerscheinungen gezeigt, aus denen auf seine relative Fahruntüchtigkeit geschlossen werden könne. Dies zeige schon der Umstand, dass er ohne ersichtlichen Grund mit dem Bordstein kollidiert sei und anschließend sogar die Fahrt nur noch auf der Felge des einen Vorderrades fortgesetzt habe.

Gefährliche Wirkung von Antidepressiva und Alkohol ist allgemein bekannt

Seine Fahruntüchtigkeit habe er auch erkennen bzw. vorhersehen können, so dass ihm auch subjektiv der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen sei. Die gefährliche Wirkung von Antidepressiva in Verbindung mit Alkohol sei allgemein bekannt. Es hätte sich dem Kläger aufdrängen müssen, dass er zum Führen eines Fahrzeugs nicht mehr in der Lage sein würde.

Relative Fahruntüchtigkeit unterscheidet sich nur durch Beweisführung von absoluter Fahruntüchtigkeit

Der Qualifikation des Verhaltens des Klägers lasse sich auch nicht entgegen halten, dass es sich "nur" um relative und nicht um absolute Fahruntüchtigkeit gehandelt habe. Denn die relative Fahruntüchtigkeit sei keine mildere Form der Fahruntüchtigkeit gegenüber der absoluten Fahruntüchtigkeit. Vielmehr gehe es bei dieser Unterscheidung allein um die Frage des Nachweises.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 03.03.2011
Quelle: ra-online, Amtsgericht Frankfurt am Main (vt/we)

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