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Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 30.07.2015
3 K 2005/15.A -

Abschiebung zur Durchführung des Asylverfahrens in Ungarn wegen systemischer Mängel unzulässig

Aufnahmebedingungen und medizinische Versorgung bei Unterbringung von Flüchtlingen menschenunwürdig

Das Verwaltungsgericht Köln hat der Klage gegen die angeordnete Abschiebung eines Asylsuchenden nach Ungarn stattgegeben, obwohl der Flüchtling bereits in Ungarn als Asylsuchender registriert war. Das Verwaltungsgericht verwies bei seiner Entscheidung auf systematische Mängel und menschenunwürdige Bedingungen bei der Unterbringung und der Durchführung von Asylverfahren in Ungarn.

Der aus dem Irak stammende Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens beantragte im März 2015 in Deutschland seine Anerkennung als Asylberechtigter. Im Rahmen der Prüfung seines Asylantrages durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wurde anhand seiner Fingerabdrücke festgestellt, dass er bereits in Ungarn als Asylsuchender registriert war. Nachdem die ungarischen Behörden erklärt hatten, den Kläger aufgrund der europarechtlichen Regelungen (sogenannte "Dublin III Verordnung") zur Durchführung des Asylverfahrens zu übernehmen, lehnte das Bundesamt den in Deutschland gestellten Asylantrag ab und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an.

Kläger hält Vorgehen der ungarischen Behörden für unzureichend

Hiergegen machte der Kläger vor allem geltend, er traue den ungarischen Behörden nicht. Als Opfer eines Bombenanschlages habe er ein Auge und einen Teil eines Beines verloren und sei daher behandlungsbedürftig. In Ungarn habe man sich jedoch nicht um seine Verletzungen gekümmert und ihn stattdessen in Haft genommen, ohne ihn über das Asylverfahren zu informieren.

Medizinische Betreuung nicht gewährleistet

Das Verwaltungsgericht Köln hat die Abschiebungsanordnung aufgehoben. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass systemische Mängel des dortigen Asylverfahrens und der dortigen Aufnahmebedingungen einer Überstellung des Klägers nach Ungarn entgegenstünden. Nach dem ungarischen Recht könnten die nach der Dublin III Verordnung rücküberstellten Personen für bis zu sechs Monate in Haft genommen werden. Hiervon machten die ungarischen Behörden flächendeckend und ohne Einzelfallprüfung Gebrauch. Rechtsschutz gegen die Verhängung der Haft gebe es praktisch nicht. Während der Haft würden die Asylhäftlinge zu auswärtigen Terminen, etwa bei Behörden- oder Arztbesuchen, in erniedrigender Art und Weise "angeleint" vorgeführt. Zudem sei oft eine medizinische Betreuung nicht gewährleistet und die Hafteinrichtungen erfüllten nicht die hygienischen Mindeststandards. Darüber hinaus seien die Aufnahmekapazitäten in Ungarn gänzlich erschöpft. Den 2.500 Aufnahmeplätzen stehe eine Zahl von rund 70.000 im ersten Halbjahr 2015 in Ungarn eingereisten Flüchtlingen gegenüber. Von einer menschenwürdigen Unterbringung weiterer Flüchtlinge könne daher nicht ausgegangen werden.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 05.08.2015
Quelle: Verwaltungsgericht Köln/ra-online

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