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Landesverfassungsgericht Brandenburg, Urteil vom 28.07.2008
VfGBbg 53/06 -

Landtagsabgeordneter darf Gefangene einer Justizvollzugsanstalt des Landes besuchen

Parlamentarische Kontrolle

Landtagsabgeordnete haben das Recht, mit Gefangenen einer Justizvollzuganstalt zusammenzutreffen. Dies hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg entschieden. Wenn die Genehmigung des Besuchs davon abhängig gemacht wird, ob und inwieweit sich ein Landtagsabgeordneter für die Ziele eines Gefangenen einsetzt, stellt dies einen Eingriff in die Freiheit seines Mandats dar.

Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hat das Urteil in dem Organstreitverfahren des Abgeordneten Stefan Sarrach verkündet. Die Anträge des Abgeordneten hatten in Teilen Erfolg.

Landtagsabgeordnetem wurde Zutritt zur JVA erst nach kritischer Prüfung erlaubt

Der Landtagsabgeordnete rügte in dem Organstreitverfahren, dass ihm der Zutritt zu einer Justizvollzugsanstalt (JVA) des Landes und das Gespräch mit Inhaftierten nicht ohne weiteres, sondern nur nach einer kritischen Prüfung gestattet worden ist. Außerdem rügte er, durch die Landesregierung nicht vollständig und nach bestem Wissen über das Verfahren bei der Prüfung der Besuchsanträge informiert worden zu sein.

Besuch in der JVA um behauptete Missstände aufzuklären

Der Abgeordnete informierte im Juni 2005 den Anstaltsleiter der JVA Brandenburg an der Havel, dass er beabsichtige, zur Aufklärung behaupteter Missstände in der JVA mit Inhaftierten zusammenzutreffen. Der Anstaltsleiter äußerte Bedenken gegen einen Besuch des Abgeordneten und wandte sich an die Fachabteilung des Ministeriums der Justiz. Die Fachabteilung hatte im Ergebnis keine Einwände gegen einen Besuch des Abgeordneten. In einem internen Vermerk begründete sie dies damit, dass sich der Abgeordnete bisher nicht unkritisch gegenüber den Gefangenen verhalten habe. Der Abgeordnete hat durch Einsicht in die Verwaltungsakten von dem Vorgang Kenntnis erlangt. Er richtete daraufhin mehrere Anfragen an die Landesregierung betreffend die Frage, ob und welche Informationen bezüglich seiner Gefangenenbesuche im Ministerium gesammelt würden.

Die Anträge hatten insoweit Erfolg, als das Gericht festgestellt hat, dass das Verfahren der Prüfung den Abgeordneten in seinem Zugangsrecht in Verbindung mit der Gewährleistung des freien Mandats verletzt hat. Die Landesregierung hat gegen Art. 56 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Art. 56 Abs. 1 der Landesverfassung (LV) verstoßen, indem sie das Verlangen des Antragstellers, mit Gefangenen einer Justizvollzugsanstalt des Landes zusammenzutreffen, nicht nach den von der Landesverfassung vorgezeichneten Kriterien geprüft, sondern eine Verwaltungspraxis gebilligt hat, nach der unter Berufung auf die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes die Genehmigung davon abhängig gemacht wird, ob und inwieweit sich der Antragsteller für die Belange der Gefangenen einsetzt. Im übrigen hat das Gericht den Antrag zurückgewiesen.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:

1. Das Landesverfassungsgericht stellt zunächst fest, dass die Anträge im Rahmen des Organstreitverfahrens statthaft sind. Dem landesverfassungsrechtlichen Charakter des Streitverhältnisses steht nicht entgegen, dass sich der Abgeordnete gegen einen Akt der Prüfung wendet, die von einem Mitarbeiter des Ministeriums vorgenommen wurde. Die Landesregierung kann sich nach den Feststellungen des Gerichts nicht dadurch der Verantwortlichkeit für eine originär von ihr zu treffende Entscheidung entziehen, dass sie die Entscheidung an untergeordnete Stellen in dem jeweiligen Fachministerium delegiert oder die Ansicht vertritt, es handele sich gar nicht um eine von ihr, sondern vom Anstaltsleiter im Rahmen der Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes zu treffende Entscheidung.

Gericht: parlamentarische Kontrolle erfordert es, den Kontrollbefugnissen auch des einzelnen Abgeordneten größtmögliche Effizienz zu verleihen

2. Das Landesverfassungsgericht stellt in seinem Urteil ferner klar, dass Art. 56 Abs. 3 S. 1 LV neben dem ausdrücklich verankerten Recht auf Zugang zu den Behörden und Dienststellen auch das Recht eines Abgeordneten zum Besuch von Gefangenen einer JVA umfasst. In Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung geht das Gericht davon aus, dass das durch die Landesverfassung angelegte System der parlamentarischen Kontrolle es erfordert, den Kontrollbefugnissen auch des einzelnen Abgeordneten größtmögliche Effizienz zu verleihen.

Freies Mandat

Die Genehmigung des Besuchs eines Gefangenen kann daher nicht davon abhängig gemacht werden, ob und inwieweit sich ein Abgeordneter für die Ziele eines Gefangenen verwendet oder diesem zu einem Forum der Öffentlichkeit verhilft. Indem das Ministerium der Justiz ein mögliches Besuchsverbot von der Beurteilung abhängig macht, wie der Antragsteller zur Vollzugssituation bisher öffentlich Stellung genommen hat oder in Zukunft Stellung nehmen wird und ob er sich für die Belange der Gefangenen einsetzt, wird seine Mandatsausübung einer Beurteilung unterzogen, die mit der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des freien Mandats nicht mehr vereinbar ist. Dies gilt unabhängig davon, dass der Antragsteller die Gefangenen im Ergebnis besuchen durfte. Ob und wie der Abgeordnete sein Mandat ord­nungs­gemäß versieht und welche Bewertungen der Vollzugssituation er aus seinen Kontakten mit den Gefangenen ableitet, entscheidet der Abgeordnete selbst.

3. Die Landesregierung hat die Anfragen des Abgeordneten, unverzüglich nach bestem Wissen und vollständig beantwortet und damit das Informationsrecht des Abgeordneten nach Art. 56 Abs. 2 LV nicht verletzt.

Die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts ist mit 6 zu 2 Stimmen ergangen. Der Vizepräsident Dr. Knippel und die Richterin Prof. Dr. Harms-Ziegler sind der Entscheidung mit einem Sondervotum entgegengetreten.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 01.08.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LVerfG Brandenburg vom 28.07.2008

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